Die Fed will den Leitzins senken — hilft das Harris?
US-Politik für Sie entschlüsselt. Jeden Tag in Ihrem Postfach. Im Browser anzeigen oder hier anhören von JAKOB HANKE VELA Mit CARLOTTA DIEDERICH DIE TOP-THEMEN — LEITZINS-ENTSCHEIDUNG: Die US-Notenbank Fed wird heute wahrscheinlich den Leitzins zum ersten Mal in mehr als vier Jahren senken. Die Entscheidung wird weltweit genau beobachtet. — PUTIN HILFT TRUMP: Microsoft hat […]
US-Politik für Sie entschlüsselt. Jeden Tag in Ihrem Postfach.
Im Browser anzeigen oder hier anhören |
von JAKOB HANKE VELA
Mit CARLOTTA DIEDERICH
DIE TOP-THEMEN |
— LEITZINS-ENTSCHEIDUNG: Die US-Notenbank Fed wird heute wahrscheinlich den Leitzins zum ersten Mal in mehr als vier Jahren senken. Die Entscheidung wird weltweit genau beobachtet.
— PUTIN HILFT TRUMP: Microsoft hat eine neue russische Kampagne zur Beeinflussung der US-Wahl enttarnt.
— TRUMP-ZÖLLE: Ein Trump-Berater nennt die Zoll-Pläne „ein Verhandlungsinstrument“ und bezweifelt, dass Trump tatsächlich pauschale Zölle verhängen würde.
Willkommen bei DC Decoded, dem werktäglichen Amerika-Briefing von Jakob Hanke Vela und Carlotta Diederich über die aktuellen Entwicklungen jenseits des großen Teichs.
Senden Sie Tipps und Feedback an jhanke@politico.eu und cdiederich@politico.eu
Oder folgen Sie uns auf X: @hankevela und @die_cara_
* TEAM VON DER LEYEN: Um 9 Uhr informieren Sie meine Kollegen Jürgen Klöckner und Hans von der Burchard über die Personalentscheidungen für die künftige Kommission. 15 Minuten Briefing, 15 Minuten Zeit für Ihre Fragen: Hier können sich Kurzentschlossene noch anmelden.
Brussels Decoded: Unser Europa-Newsletter auf Deutsch richtet sich an alle, die verstehen wollen, was die politische Agenda der Machtzentralen Europas bestimmt. Melden Sie sich jetzt hier für eine kostenlose Testversion an. *
WORÜBER WASHINGTON SPRICHT |
FED ENTSCHEIDET ÜBER LEITZINS: Der Druck ist maximal: die Entscheidungsträger der US-Notenbank Federal Reserve debattieren darüber, ob sie die Zinssätze senken sollen — und um wie viel. Die Märkte haben eine Zinssenkung bereits eingepreist, was wiederum den Druck auf die Fed erhebt.
Große Senkung erwartet: Anders als noch letzte Woche erwarten die meisten Händler nun einen großen Schritt. Mit einer Wahrscheinlichkeit von etwa zwei Dritteln glauben sie, dass die Fed den Leitzins um 50 Basispunkte (also einen halben Prozentpunkt) senkt.
Es bleibt spannend: Manche Analysten erwarten aber eine niedrigere Senkung um nur 25 Basispunkte.
Anders als in Europa hat die Notenbank in den USA auch die Aufgabe, den Arbeitsmarkt zu stützen. Da die Job-Zahlen anfangen zu schwächeln und die Inflation zugleich nachgelassen hat, gilt eine Zinssenkung weithin als abgemacht.
Die Entscheidung wird weltweit beobachtet: Es wird die erste Zinssenkung seit mehr als vier Jahren. Zinssenkungen kurbeln normalerweise das Wachstum an, können die Kreditvergabe, Investitionen, Konsum aber auch Spekulationsblasen befeuern.
Und sie ist politisch. Auch wenn die Fed betont, dass sie sich aus dem Wahlkampf raushält — Donald Trump hat die Fed-Entscheidung politisiert, als er in einem Interview forderte, die Notenbank solle die Zinsen unverändert lassen. Wohl weil er befürchtet, eine Zinssenkung könne Joe Biden und Kamala Harris helfen.
Einige der wichtigsten Verbündeten von Kamala Harris auf dem Capitol Hill wollen, dass der Vorsitzende der Fed, Jerome Powell, noch weiter geht. In einem Brief forderten die Senatoren Elizabeth Warren, John Hickenlooper und Sheldon Whitehouse den Fed-Chef dazu auf, die Zinsen um einen dreiviertel Prozentpunkt zu senken. „Wenn die Fed die Zinsen zu vorsichtig senkt, riskiert sie unnötigerweise, dass unsere Wirtschaft auf eine Rezession zusteuert“, schrieben sie.
Hilft eine Zinssenkung Harris wirklich? Die Entscheidung könnte den Konsum ankurbeln. Tatsächlich bieten viele Autohändler bereits bessere Finanzierungsangebote mit Zinssätzen von unter 2 Prozent, da sie Zinssenkungen erwarten. Allerdings wird der größere Effekt auf das Wirtschaftswachstum wohl erst im Jahr 2025 spürbar sein, argumentiert Dr. Yung-Yu Ma, ein führender Marktanalyst, der als Chief Investment Officer für BMO Wealth tätig ist, im Interview.
CAMPAIGN TRAIL |
PUTIN HILFT TRUMP MIT FAKE-VIDEOS: Die russische Regierung und mit ihr verbundene Hacker bemühen sich zunehmend, die Präsidentschaftskampagne von Kamala Harris zu unterminieren. Das geht aus einem von Microsoft am Dienstag veröffentlichten Bericht hervor.
Microsoft fand Beweise dafür, dass zwei „Kreml-nahe“ Gruppen in den letzten Wochen gefälschte Videos verbreitet haben. Darunter solche, in denen Harris-Anhänger auf Fans des ehemaligen Präsidenten Donald Trump losgehen. Und dann gab es da ein Video, in dem Harris vermeintlich einen Autounfall verursacht und Fahrerflucht begeht — Harris wird in dem Video jedoch von einer Schauspielerin gespielt.
Millionenfach geklickt: Jeder dieser Clips wurde nach Angaben von Microsoft millionenfach aufgerufen. Einer wurde über eine gefälschte Nachrichtenseite aus San Francisco verbreitet, um ihm mehr Glaubwürdigkeit zu verleihen.
Die Gruppen veröffentlichten außerdem Posts auf den Social-Media-Plattformen X und Telegram, die ein gefälschtes Plakat in New York mit falschen Harris-Richtlinien zeigten.
TRADE |
TRUMP BERATER NENNT ZÖLLE „EIN VERHANDLUNGSINSTRUMENT“: Ein Co-Vorsitzender von Donald Trumps Übergangsteam zur Präsidentschaft bezweifelt, dass der im Falle seiner Wahl tatsächlich pauschale Zölle verhängen will — und sagt, dass diese Drohungen vielleicht nur dazu dienen, andere Länder an den Verhandlungstisch zu zwingen.
ICYMI: Trump kündigte vergangenen Monat an, im Falle einer erneuten Präsidentschaft bis zu 100-prozentige Zölle auf ausländische Ware wie zum Beispiel Autos zu verhängen. „Natürlich ist es ein Druckmittel“, sagte Howard Lutnick gestern auf CNBC dazu.
FACT CHECK: Lutnick behauptete, dass amerikanische Autofirmen wie Ford und GM ihre Autos nicht in Europa oder Japan verkaufen könnten, weil ihnen dort 100 Prozent Zoll drohen würden. Tatsächlich beträgt der Standardzollsatz der EU auf importierte Fahrzeuge 10 Prozent, während der japanische Zollsatz bei null liegt.
Es sei unrealistisch zu glauben, Unternehmen wie Mercedes, Porsche, BMW oder japanische Automobilhersteller würden plötzlich mit 100-prozentigen Zöllen in den USA konfrontiert.
Vielmehr sei zu erwarten, dass sie Verhandlungen aufnehmen und ihre eigenen Zölle letztlich senken würden, so Lutnick. Dadurch würde es amerikanischen Herstellern wie Ford und General Motors ermöglicht, in diesen Märkten zu verkaufen.
Dass Trump die Zölle als Hebel einsetzen wird, ist auch die Erwartung vieler ausländischer Regierungen, die mit meinen Kollegen Ari Hawkins und Gavin Bade sprachen. Trumps Zölle in der ersten Amtszeit, so stellen sie fest, wurden eingesetzt, um als Druckmittel für Abkommen zu erhalten.
REPRÄSENTANTENHAUS UND SENAT |
KÜNSTLICHE BEFRUCHTUNG: Nachdem sich Donald Trump bei der TV-Debatte vor einer Woche noch als „Vorreiter“ bei In-vitro-Fertilisation (IVF) bezeichnete, blockierten die Republikaner gestern erneut einen Gesetzentwurf zum Schutz des Zugangs zu dieser Behandlung.
Mehrere Republikaner bezeichneten die Abstimmung meinen Kollegen Ben Leonard und Chelsea Cirruzzo gegenüber als Show-Abstimmung, was die Demokraten zurückwiesen.
Der Gesetzesentwurf der demokratischen Senatorin Tammy Duckworth würde den Zugang zur In-vitro-Fertilisation auf Bundesebene schützen und vorschreiben, dass öffentliche und private Versicherungen Fruchtbarkeitsbehandlungen abdecken. Duckworth hat zwei Kinder durch IVF bekommen.
Im Juni erklärten die Republikaner, sie seien gegen das Gesetz, weil es die Religionsfreiheit und die Rechte des Staates gefährde und es überflüssig sei. Die Abstimmung ist schon zum zweiten Mal innerhalb von vier Monaten gescheitert.
Seit der Oberste Gerichtshof von Alabama Anfang des Jahres entschied, dass eingefrorene Embryonen als Menschen betrachtet werden sollten, gibt es eine landesweite Debatte unter Republikanern über künstliche Befruchtung.
Um den Vorsprung der Demokraten in dieser Frage zu verringern und die für Trump schwer zu erreichenden gemäßigte Frauen zu gewinnen, hat er versprochen, IVF-Behandlungen für alle Amerikaner kostenlos zu machen. Die Kosten sollen von den Versicherungen oder der Bundesregierung übernommen werden.
GEOPOLITIK |
FLÜSSIGGAS FÜR DIE UKRAINE: Ein Dutzend demokratischer Abgeordneter hat die Biden-Regierung aufgefordert, die Genehmigungsverfahren für Flüssigerdgasprojekte (LNG) zu beschleunigen, die Gas in die Ukraine und andere osteuropäische Länder liefern sollen. Das berichtet mein Kollege James Bikales.
Das Gericht hatte im Juli entschieden, dass der Stopp von Genehmigungen für den Export von Flüssigerdgas aufgehoben wird. Das Energieministerium darf also wieder Genehmigungen erteilen, muss das aber nicht sofort tun. Stattdessen überprüft das Ministerium erst noch, ob diese Projekte im Interesse der Öffentlichkeit sind.
Die Abgeordneten betonen, dass LNG-Exporte im öffentlichen Interesse liegen, um nicht nur wirtschaftliche, sondern auch sicherheitspolitische Ziele zu fördern. Verzögerungen bei den LNG-Lieferungen könnten die europäische Energiesicherheit gefährden.
Gleichzeitig plant der LNG-Exporteur Venture Global den Export von Gas aus Louisiana nach Osteuropa, was als Beitrag zur europäischen Energiesicherheit gewertet wird.
Allerdings stehen diese Exporte im Konflikt mit den energiepolitischen Interessen der USA, da sie potenziell die globalen Gaspreise erhöhen und damit die amerikanischen Verbraucher belasten könnten.
WORÜBER WASHINGTON SONST NOCH SPRICHT |
WTO-WETTLAUF GEGEN TRUMP: Die WTO-Generaldirektorin Ngozi Okonjo-Iweala hat früher als vorgeschrieben ihren Hut für eine zweite Amtszeit in den Ring geworfen. Sie will verhindern, dass Trump ihre Ernennung blockiert, falls er erneut US-Präsident wird. Das berichtet mein Kollege Ari Hawkins.
Das sechsmonatige Auswahlverfahren für den nächsten WTO-Chef würde normalerweise am 1. Dezember beginnen, also neun Monate vor dem Ende von Okonjo-Iwealas aktueller Amtszeit am 31. August 2025.
Wenn das Verfahren jedoch frühzeitig beginnt und es keine anderen Kandidaten gibt, könnten sich die WTO-Mitglieder auf ihre Wiederernennung einigen, bevor der nächste Präsident am 20. Januar vereidigt wird.
Der norwegische Botschafter Petter Ølberg, Vorsitzender des Allgemeinen Rates der WTO, erklärte gegenüber Ari, dass er mit den Mitgliedern über eine Beschleunigung des Prozesses beraten wolle. Bis Ende der Woche werde er ein klareres Bild haben.
Das war DC Decoded — das Amerika Briefing von POLITICO. Vielen Dank, dass Sie uns lesen und abonnieren. Bis zur nächsten Ausgabe!